Sie werden niemals ein Foto eines Geheimagenten auf der Titelseite des Spiegel finden. Geheimagenten arbeiten still und unauffällig hinter den Kulissen. Das ist ihre Aufgabe. Und das ist auch die Aufgabe des Pilzes in einem intakten, gesunden Wald.
Sie sind überall. Gräbt man im Wald an einem beliebigen Baum die Wurzeln aus, bei einer Buche, einer Eiche oder auch einer Fichte, so werden diese fast immer mit einem feinen weißlichen Pilzgeflecht überzogen sein. Nicht die dicken Wurzeln nahe am Stamm, sondern die Feinwurzeln ganz am Ende. Unsere Waldbäume sind fast alle von so genannten Mykorrhiza-Pilzen umwachsen.
(Helge May NABU)
Das Wood Wide Web ist das Internet des Waldes. Die „Lan-Verbindungen“ bestehen aus feinen Pilzfäden, die sich durch den gesamten Waldboden ziehen. Sie verknüpfen Bäume, Sträucher und die meisten höheren Pflanzen miteinander. Ein reger Austausch an Nährstoffen, Wasser und Botenstoffen findet in den dünnen Leitungen der Pilzhyphen statt. Bäume übermitteln dabei auch Informationen an ihre Nachbarn und helfen jungen Bäumen beim Wachsen. Ein Vergleich mit dem Internet liegt da auf der Hand.
Die Zusammenarbeit zwischen Pilzen und Bäumen basiert auf gegenseitigem Nutzen. Pilze erschließen viel größere Bodenbereiche mit ihren Hyphen, als es ein Baum mit seinen Wurzeln kann. Auch Wasser stellen die Pilze bereit. Doch für den Baum ist diese Hilfe teuer. Bis zu einem Drittel der gesamten Zuckerproduktion aus der Photosynthese muss der Baum abgeben. Der Pilz holt sich diese Stoffe, indem er mit dünnen Hyphen in die Wurzel der Bäume einwächst.
Studien haben gezeigt, dass Mykorrhizennetzwerke Hunderte von Bäumen miteinander verbinden.
Die Pilze bieten ihren Bäumen einen zusätzlichen Schutz gegen Krankheiten und Giftstoffe. Pilze filtern Gifte und Schwermetalle durch ihre Hyphen aus und geben „sauberes“ Wasser an die Bäume weiter. Diese gefilterten Stoffe reichern sich später oft in den Pilzfruchtkörpern an. Verzichten Sie deshalb in Gebieten mit hoher Radioaktivität, neben Straßen und Flughäfen und in Industriegebieten auf Pilze aus Wald und Flur! Durch das sammeln der Pilze landen die Gifte und Schwermetalle in ihre Waldpilzsuppe.
Wie schafft es der „gute“ Mykorrhiza-Pilz, sich mit dem Baum zu verbinden? Damit die Wurzel den Pilz nicht abstößt, schüttet dieser ein Protein (FGB1) aus. Dieses macht es dem Baum unmöglich, den Pilz auszuschließen. Nur auf diesem Weg gelingt eine langfristige Verbindung. Der Pilz zwingt den Baum quasi zu seinem Glück.
Verbesserte Vitalität dank Wood Wide Web
Zusätzlich zu den Abwehrmechanismen stärkt der Pilz die Vitalität des Baumes indem er zusätzliche Nährstoffe bereitstellt. Ein kräftiger Baum, dem es an nichts fehlt, hat genug Energie, sich gegen Krankheiten, Insekten und Schadpilze zu wehren. Nur wenige Schadorganismen sind in der Lage, gesunde Bäume nachhaltig zu schädigen. Mit Hilfe der Pilze versorgen sich Bäume zudem mit für sie schwer zugänglichen Stoffen wie Stickstoff und Phosphor. (Baumpflegeportal)
Im Rückblick
Die Nachhaltigkeitsexpertin Dr. Alexandra Hildebrandt hat in einem Artikel für die Huffington Post die wichtigsten Erkenntnisse Wohllebens zusammengefasst:
Bäume sind soziale Wesen, die ihre Nahrung mit Artgenossen teilen und sich manchmal sogar gegenseitig gesund pflegen können. Ihr gemeinsames Ökosystem federt Wetterextreme genauso ab wie es Wasser speichert und sehr feuchte Luft erzeugt. Bäume können in diesem intakten Umfeld geschützt leben und sehr alt werden.
Das erklärt auch, warum gepflanzte Forste – die meisten Nadelwälder unserer Breitengrade – kaum mehr zu Netzwerken zusammenfinden und ihre Bäume als Einzelgänger auftreten: Ihre Wurzeln wurden durch die Pflanzung bereits dauerhaft beschädigt.
Die weit reichenden Wurzeln scheinen dem Baum als eine Art Gehirn zu dienen. Sie verbreiten in Windeseile Nachrichten und sorgen so für die Kommunikation der Bäume.