Goslars Wasserversorgung in Gefahr?

des Stadtforstes Goslar

Der Wald sorgt für Quellwasser

Unser Trinkwasser stammt aus der Goslarer Stadtforst. So weit, so gut. Aber die Wälder verschwinden und wir müssen uns fragen, was passiert mit dem Wasser, wenn es keine Bäume gibt? Hydraulische Leitfähigkeit ist der Fachbegriff für die Art und Weise, wie und wo Wasser fließt. Nimmt man die Bäume weg, verändert sich diese Leitfähigkeit, ohne Garantie dass das Wasser wieder so fließt wie früher.

Die meisten Leute wissen, dass Bäume das wichtigste Bindeglied zwischen Boden und Atmosphäre sind. Etwa 40% unseres Regens kommt tatsächlich von Bäumen. Bäume sind aktiv bei der Wolkenbildung; sie schwitzen, um sich zu kühlen. Dazu verdunsten sie Feuchtigkeit und stoßen die so genannten Terpene aus – flüchtige organische Substanzen, an die sich die Wassermoleküle binden können, sodass sich Wolken ansammeln. Ohne diese Substanz wäre es schwierig, Wolken zu bilden und Feuchtigkeit zu sammeln, die schließlich als Regen herunter fällt.

Durch Bäume haben wir sauberes Wasser

Bäume als Regenmacher ist cool, aber ohne Bäume sollte dann noch mehr Wasser in den Boden fließen. So funktioniert das aber nicht. Wälder haben mehrere Funktionen für die Aufrechterhaltung eines gesunden Wasserkreislaufs. Die Architektur des Baumes beeinflusst, wie viel Wasser an seinem Stamm herunter fließt. Ein vasenförmiger Baum wie z. B. ein Zuckerahorn zieht das Was- ser zu sich hin, während ein dreieckig geformter Baum, wie eine Weißfichte, das Wasser wegleitet

Ein mehrstöckiger, stark überdachter Wald bricht den Aufprall des Regens und lässt das Wasser an Ästen und Baumstämmen herabrieseln. Dies verlangsamt den Abfluss des Regens, da das Wasser in den Boden einsickern kann, und tiefe Wurzeln helfen bei dieser Infiltration. Mit einer Waldbedeckung versickert der Regen gleichmäßig im Boden.

Und mit Bäumen haben wir sauberes Wasser. Zu erst filtern die Blätter der Bäume Schadstoffe, Abgase und Staubteilchen aus der Luft heraus. Zweitens „Niederschläge, die den Waldboden erreichen werden auf verschiedene Weise gereinigt. Das Wasser reagiert mit dem Humus und Mineralien im Erdreich. So werden Schmutzpartikel abgespalten und unschädlich gemacht“ (Naturwald Akademie). Nitrate…Pestizid…Arsen…

Interessant ist, dass generell unter Laubbäumen hochwertigeres Trinkwasser produziert wird als unter Nadelbäumen. Unter Laubbäumen wird im Allgemeinen mehr Mineralbodenhumus als unter Nadelbäumen gebildet – dies bedeutet mehr Absorption und damit geringere Stofffrachten im Sickerwasser, bevor sie ins Grundwasser gelangen können (Wilpert 2001). Wald ist hinsichtlich der Bereitstellung von qualitativ hochwertigem Trinkwasser, aber auch der Dämpfung und Verzögerung von Hochwasserspitzen von eminenter Bedeutung.

Baum-Power

Schlimm genug, dass es ohne Bäume weniger Regen, mehr schmutziges Wasser und Erosion gibt, aber das ist noch nicht das Ende der Sackgasse. Es ist der Wasserkreislauf in dem Bäume eine so wichtige Rolle spielen. Um den Baum herum ist der Boden wie ein natürlicher Schwamm, der das Wasser aufnimmt. Dann lassen seine Wurzeln je nach Boden das Wasser langsam aber tief in Becken sickern, in denen das Wasser gespeichert werden kann.

Wälder und Bäume müssen als Hauptregulatoren innerhalb des Wasser-, Energie- und Kohlenstoff- kreislaufs anerkannt werden. Wälder spielen eine wichtige Rolle bei der Erzeugung und Regulierung der weltweiten Temperaturen und Süßwasserströme. Die Wurzelarchitektur von Bäumen ist auch für die hydraulische Umverteilung von Wasser im Boden von großer Bedeutung, da sie sowohl den Abwärts- als auch den Aufwärtsfluss erleichtert. Bäume können Wasser aus dem Boden in über 100 Meter Höhe transportieren – eine physikalische Höchstleistung. Wenn es wie aus Kübeln gießt, helfen Bäume mit ihren kräftigen Wurzeln das Wasser tief im Boden zu halten und  verhindern somit, dass es als „Sturzflut“ außer Kontrolle gerät. Während der trockenen Sommermonate lassen Bäume immer noch unser frisches Wasser fließen. Die Waldbedeckung beeinflusst die hydrologischen Prozesse, den Wasserertrag, den Wasserhaushalt und den Wasserkreislauf.

Auswirkung auf den hydrologischen Kreislauf

Kahlschlag hingegen in einem kleinen Wassereinzugsgebiet kann dramatische Auswirkungen auf den lokalen Wasserkreislauf haben und messbare Auswirkungen auf die Hydrologie des Einzugsgebiets (Reifsnyder 1982). Wälder sind komplexe Ökosysteme und wenn man den Hauptakteur durcheinander bringt, gerät das ganze System aus den Fugen. Wasserspeicherkapazität geht verloren.

Eine andere Studie zeigte, dass der Kahlschlag sich am verheerendsten auf das Verhalten des Einzugsgebiets aus wirkt. „Unsere Studie zeigt deutlich, dass Abholzungsaktivitäten die hydrologischen Eigenschaften eines Wassereinzugsgebiets beeinflussen. Daher kann Kahlschlag in einem kleinen Wassereinzugsgebiet katastrophale Auswirkungen auf das hydrologische Verhalten der Umgebung haben. Quellwasser im ehemaligen Wald können austrocknen oder ihren Abfluss verringern“ (Breeding 2000).

Goslars primäres Wasserschutzgebiet beginnt am Hahnenberg, der östlichste Berg der Stadtforst bis zur Ostflanke von Rammelsberg. Bald werden nur noch wenige Bäume übrig bleiben. Dieses Wasserschutzgebiet ist 4,3 km² groß und muss aufgeforstet (bewaldet) werden. Möglichst schnell. Dennoch muss man die hydrologischen Auswirkungen von dicht aneinander gereihten Baumplantagen sehr sorgfältig steuern. Diese Pflanzmethode kann das ideale Gleichgewicht zwischen Aufforstung und Wassereinzugsgebiet beeinträchtigen (Belluscio, 2009). Holzplantagen verändern auch physisch die Temperatur, Chemie und Biologie des Bodens und des Wassereinzugsgebiets (Workman 2013).